Montag, 27. Juli 2020

Alleine sein

Nun bin ich schon seit 9 Jahren Mama. Jeder Tag mit meinen Kids ist anders... mal spannend, mal entspannt, mal wunderschön, mal überraschend, mal total leicht, dann wieder eine echte Herausforderung. Was alle unsere Tage gemeinsam haben? Sie sind definitiv nie eintönig, sondern sehr abwechslungsreich, oft verlaufen sie anders als geplant (etwas, das ich erst mal (akzeptieren) lernen musste, als ich Mama wurde) und wirklich allermeistens vergeht die Zeit wie im Flug. 

Natürlich gab es auch bei mir ein "Leben vor den Kindern". Und ich will mal sagen, dass ich / wir dies sehr intensiv genutzt und gelebt haben. Ganz bewusst wurde ich erst mit 32 Jahren schwanger - 4 Jahre nach unserer Hochzeit, 13 Jahre nachdem wir ein Paar wurden. Wir sind viel gereist, haben uns fortgebildet, etwas zusammen aufgebaut. Und ehrlich? Mir war es auch extrem wichtig, mich erst einmal wirklich selbst kennen zu lernen, bevor ich diese beiden kleinen Menschen kennenlerne. Grundsätzlich gibt es da sicher nicht nur den einen, richtigen Weg, jeder hat seine Vor- und Nachteile. Eines ist jedoch sicher: ich weiß,  was ich will, was ich kann, was mir gefällt und wichtig ist und kann dadurch auch echt und authentisch meiner Umwelt gegenüber, und v.a. meiner Familie gegenüber sein. 

Wenn ein kleiner Mensch auf die Welt kommt, dreht sich der Kosmos v.a. in der ersten Zeit nur um das Baby (was auch völlig richtig und gut ist). Aber mein Mann und ich haben bewusst immer versucht, uns selbst - als Paar und auch als einzelne Personen - nicht aus den Augen zu verlieren (was uns mal mehr, mal weniger gut gelingt😉).

Auf was ich da jetzt hinaus will? Corona hat(te) definitiv nicht nur negative Seiten, sondern auf jeden Fall auch einige positive...es ist mir aber auch eines so richtig deutlich bewusst geworden: ich bin gerne auch mal alleine. Ich liebe meine Kinder und meinen Mann. Aber ich muss sie deshalb nicht 24/7 um mich herum haben. Auch, wenn die Zeit mit ihnen nicht eintönig ist und meist sehr schön und vollkommen. Ich kann mir vorstellen, dass es da jetzt ein paar Leser/innen geben wird, die verständnislos den Kopf schütteln und nicht verstehen, wieso ich da von Liebe und Familie schreiben kann, sie aber gleichzeitig auch nicht immer um mich haben will/muss. Ich bin aber der Meinung, dass sich das nicht ausschliesst - im Gegenteil.  Manchmal gewinnt man doch mehr Nähe durch Abstand...viele Kinder,  die irgendwann ausziehen berichten oft, dass das Verhältnis zu den Eltern besser wurde, als man nicht mehr unter einem Dach lebte. UND ich denke, dass speziell Mamas mich sehr wohl bestens verstehen können und oft gleich empfinden.

Jedenfalls hat mir eine Freundin kürzlich erzählt, dass ihr Mann und die Kinder 10 Tage Ferien auch dem Reiterhof machen. Sie hat erst später Urlaub und arbeitet in der Zeit. Und mein erster Gedanke war: genial! NATÜRLICH ist es schön, wenn meine Kinder mich freudig hüpfend begrüssen, wenn ich nach Hause komme. Die Vorstellung aber, dass ich nach Hause komme, erst mal wirklich in Ruhe ankommen kann, niemand etwas erzählen, zeigen oder von mir wissen will. Ich nicht SOFORT an den Herd springen muss und die hungrigen Mägen zu füllen...vielleicht der erste Gang sogar direkt unter die Dusche, auf das Sofa oder vor den TV geht...oder ich mich zu megalauter, ohrenbetäubender Musik ungestört richte und mich mit Freunden, die ich schon ewig nicht mehr gesehen habe, treffe...oder einfach nach der Arbeit nicht nach Hause hetzen müssen, weil da niemand ist, der wartet (und vielleicht motzt, warum ich so spät dran bin)und das gleich 10 Tage lang? Das klingt für mich paradiesisch. 
Gestern, als wir uns am Sonntag zum wandern mit Bekannten getroffen haben, erzählte mir die Bekannte, dass ihr Mann sich Anfang des Jahres (leicht) verletzt hat. Ausgerechnet in der Woche, in der sie zufällig zwei völlig unverplante, freie Tage hatte (sie ist selbständig) und sich schon  auf zwei ruhige, einsame Vormittage gefreut hatte. Ihre Reaktion war, dass sie erst mal sauer auf den Mann war. Natürlich konnte er nichts dafür, verletzt zu sein...nur tat sie sich selbst auch leid, da sie sich um die beiden freien Vormittage gebracht gefühlt hat.

Ich bin schon immer jemand gewesen, der gerne alleine war.  Ich hatte immer viele Freunde, seit Kindheitstagen bis heute - es fehlt mir nicht an Anschluss. Aber ich war auch immer gerne mal alleine mit mir. Mit meinen Gedanken, beschäftigt mit den Dingen, zu denen ich gerade Lust habe, unabgelenkt und allein mit mir. Während den Schul- und Kitaschliessungen, war ich von morgens bis abends mit den Kindern zusammen. Erst mal habe ich das als Geschenk empfunden, aber irgendwann haben mir wenigstens die Autofahrten in die Firma, mit meiner Lieblingsmusik, Hörbüchern für Erwachsene oder einfach nur Stille gefehlt. Ein bisschen Zeit alleine, als Natascha - nicht als Mama. Und insgeheim denke ich, dass es meinen Kindern da ähnlich ging. Ich glaube, dass ihnen das nicht selbst bewusst ist, eher im Unterbewusstsein. Aber ich konnte ganz gut beobachten, wie sich meine Tochter selbst auch immer wieder Auszeiten nahm, in ihrem Zimmer, bastelte , werkelte, las oder tagträumte. Und auch mein Sohn hat die tollsten Legostädte  ganz allein in seinem Zimmer gebaut und war total im Spiel vertieft. 

Heute musste ich etwas länger mit dem Auto fahren, da ich einen Termin hatte. Und ich war ganz allein unterwegs. Herrlich 🤣! Auf meinem Rückweg habe ich angehalten...an einem tollen Aussichtspunkt mit Blick auf meine wunderschöne, malerische Heimat. Habe mich ans Auto gelehnt, etwas Wasser getrunken und tief ein- und ausgeatmet. Momentan sind es minikleine Auszeiten wie diese, die mir Energie geben...und irgendwann werden es auch wieder mal längere Zeiten, neudeutsch "me- time" geben...alles hat seine Zeit ❤.



Liebe Grüsse, 
Natascha